1929–1936 Werner Gerlach
(*1891–†1963)
Nach Rössle kam retrospektiv betrachtet die "dunkle" Zeit der Basler Pathologie. Sie verbindet sich mit dem Namen Werner Gerlach.

Er wurde 1929 nach Basel berufen und war hier als Prosektor Rössles bestens bekannt. Man erinnerte sich in Basel gern an den beliebten, charmanten Mitarbeiter und temperamentvollen Lehrer und engagierten Forscher. Rössle hatte ihn auch empfohlen. Nach seiner Habilitation (1922) in Basel übernahm er 1924 die Prosektur des Allgemeinen Krankenhauses Hamburg-Barmbeck und anschliessend das Ordinariat in Halle, wo sein Weggang bedauert wurde.

Ein Trauerspiel: In der Schweiz wurde Gerlach Mitglied der NSDAP/AO, die über 5.000 Mitglieder hatte. Er war aktiv in der nationalsozialistischen Bewegung, obgleich er dem Erziehungsdepartement versichert hatte, sich in der Schweiz der politischen Tätigkeit zu enthalten. So wurde er aufgrund „disziplinarwidriger nationalsozialistischer Betätigung“ 1936 entlassen. Sein Rekurs beim Appellationsgericht war erfolgreich, worauf Gerlach wieder in alle Rechte und Pflichten als Dozent und Anstaltsvorsteher eintrat.

Der unerquicklichen Situation machte das deutsche Reichsministerium ein Ende, indem es Gerlach auf eine planmässige Professur an der "nationalsozialistischen Musteruniversität" Jena berief. Er trat dort die Nachfolge von Walther Berblinger an, der wegen seiner jüdischen Frau von den Nationalsozialisten verfolgt wurde und in die Schweiz emigriert war.

Der Institutsausflug 1934 führte auf den Spatzenhof in Bad Säckingen (Das ist das einzige Photo mit einer politischen Konnotation im Archiv des Instituts)

Von 1937–1939 war Gerlach in Jena und amtete im Range eines SS-Sturmbannführers als medizinischer Dekan. Seine wissenschaftliche Aktivität Gerlachs erlosch mit seinem Weggang aus Basel. Aus der Jenaer Zeit ist von ihm nur eine Anweisung über die pietätvolle Durchführung von Sektionen bei SS-Angehörigen bekannt.

Gerlach war als Pathologe auch für das Konzentrationslager Buchenwald zuständig; hier führte er im Auftrag der SS Autopsien durch. 1940 wurde er Generalkonsul in Island. Nach der Landung britischer Streitkräfte im selben Jahr wurden Gerlach und seine Familie verhaftet. Bei Kriegsende wurde er von den Amerikanern interniert. Nach seiner Freilassung eröffnete er ein Labor für Pathologische Untersuchungen im Allgäu.

Bei einem späteren Besuch in Basel, so wird berichtet, verliess sein Nachfolger „fluchtartig“ das Institut durch den Hinterausgang als Gerlach durch den Haupteingang das Institut betrat.

Von Kollegen und ehemaligen Studenten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts wurden seine politischen Aktivitäten zum Teil überhaupt nicht wahrgenommen oder als nicht gravierend erachtet. Von den vorgesetzten Behörden wurden seine Leistungen in Dienstleistung, Lehre und Forschung als untadelig betrachtet.

Der Verfasser hat eine Befragung der Studierenden der von Gerlach unterrichteten Jahrgänge gemacht. Den wenigen, die geantwortet haben, ist seine politische Einstellung unbekannt gewesen und in den Vorlesungen nicht aufgefallen.

Eine wesentlich detailliertere Darstellung der politischen Umstände, die zur Entlassung von Gerlach führten, findet sich bei H. Trinkler. Diese Darstellung wird auch von den Angehörigen und Nachkommen Gerlachs als korrekt bewertet.

Laborantinnen, die Gerlach noch kannten, haben als der Verfasser sich um das Ordinariat bewarb, massiv gegen seine mögliche Wahl im Institut und bei der Berufungskommission Stimmung gemacht. «Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen keinen deutschen Chef.»


Gerlach übernahm den Autopsiedienst im Nachbarkanton Basel-Landschaft und setzte die Bezahlung aller histologischen Untersuchungen von Operationspräparaten und Biopsien durch.

Er entfaltete auch eine rege Forschungstätigkeit vor allem mittels der Spektralanalyse in der pathologischen Diagnostik und Forschung. Man findet mehr als 50 Publikationen, die mit Hilfe qualitativer und quantitativer spektralanalytischer Methoden zustande kamen. Sein Forschungsschwerpunkt lag somit im Grenzgebiet zwischen Pathologie und Chemie. (Er kann als Mitbegründer der Pathochemie gelten.)

NB Werner Gerlach findet keine Erwähnung in der Geschichte der Histopathologie von G. Dohm. Sic!
In der Datenbank Wikipedia findet sich ein ausführlicher Betrag über sein facettenreiches Leben: https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Gerlach